Jahresberichte

Jahresbericht Swiss Surgical Teams 2022

Die Mitglieder der Swiss Surgical Teams sind der langfristigen, medizinischen Entwicklungshilfe verpflichtet. Die SST bestehen aus erfahrenen Ärztinnen und Ärzten verschiedener operativer Disziplinen, Anästhesistinnen und Anästhesisten, Operationspersonal und weiteren Spezialisten aus dem Spitalumfeld wie Medizintechniker und Informatiker. Sie leisten unentgeltliche Einsätze in öffentlichen Kliniken verschiedener Entwicklungsländer, zurzeit in Tansania, im Südpazifik und in Tadschikistan. Dort beurteilen sie Patienten, halten Sprechstunden ab und operieren zusammen mit den lokalen Kolleginnen und Kollegen. Sie vermitteln ihr Know-how praktisch und theoretisch an Ärzte und Pflegepersonal. Die Mitglieder der SST bringen bei ihren Einsätzen auch medizinisches Material wie chirurgische Instrumente, Verbrauchsmaterial und weitere medizinische Hilfsgüter in die Partnerspitäler mit. Sie versuchen dabei soweit als möglich die Verwendung von Einwegmaterial zu vermeiden, da in vielen Spitälern, in denen sie tätig sind, die Abfallentsorgung problematisch ist.

Die Leitung der SST misst der Bereitschaft ihrer Mitglieder zu mehrjähriger Mitarbeit grosses Gewicht bei. Sowohl Geschäftsleitung als auch Präsidium arbeiten unentgeltlich. Zudem bestehen bei den Mitgliedern beider Gremien keine Interessenbindungen bei anderen Organisationen oder NGO’s, ausser zur Stiftung Swiss Surgical Teams. Drei Mitglieder des Vereins sind gleichzeitig auch Mitglied dieses Stiftungsrates. Mit Unterstützung der Schweizerischen Gesellschaft für Chirurgie bieten die SST zudem jungen Ärzten aus der Schweiz und aus verschiedenen Fachdisziplinen die Gelegenheit, medizinische und kulturelle Erfahrungen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu gewinnen.

Die 1998 gegründeten „Swiss Surgical Teams“ (SST) waren ursprünglich eine Gruppe von Chirurgen und Anästhesisten, die sich initial ausschliesslich in der Mongolei engagierten. Mit ihren Einsätzen ist es ihnen dank dem langjährigen Engagement gelungen, das Niveau der medizinischen Versorgung in diesem riesigen Land nachhaltig zu verbessern. Mit den Jahren hat sich die Organisation fortlaufend vergrössert und erweitert, um möglichst breit das gesamte Spektrum der perioperativen Behandlung abzudecken. Unverändert steht aber der Know-how-Transfer für uns im Zentrum unserer Bemühungen.

Besuchen Sie unsere Homepage unter www.swiss-surgical-teams.org , wo auch Jahresrechnung und der Revisionsbericht aufgeschaltet sind.

Das Jahr 2022 war ein sehr bewegtes Jahr, in dem erneut die globale Sars-COV-2-Pandemie unsere Frühlingseinsätze verunmöglichte. Der im Februar ausgebrochene Krieg in der Ukraine warf dann zusätzlich seinen Schatten voraus. So war auch das Jahr 2022 geprägt von vielen Unsicherheiten, Abwägungen und grossen Sicherheitsbedenken. Schlussendlich aber konnte das Jahr mit einem sehr erfolgreichen Einsatz in Tajikistan im Herbst 2022 abgeschlossen werden.

Anlässlich der Generalversammlung zog sich André Rotzer nach vielen und verdienstreichen Jahren aus dem Präsidium der SST zurück und Dr. med. Georg Liesch wurde als Präsident der SST als sein

Nachfolger gewählt. An dieser Stelle sei Dr. med. André Rotzer nochmals herzlichst für seine unermüdliche, wertvolle Arbeit für die SST gedankt! Im Präsidium sitzen nun Dr. med. Georg Liesch als Präsident, Frau Karin Schaer mit dem Ressort Rechnungswesen, Frau lic. phil. Beatrice Augstburger mit dem Ressort Marketing und Homepage und Herr lic. iur. Thomas Perler mit dem Ressort Recht. Die Position der/des Vizepräsidentin/Vizepräsidenten wurde zunächst vakant belassen.

In der Geschäftsleitung sitzen alle, die mit dem operativen Geschäft zu tun haben, insbesondere alle Projektleiter: Dr. med. Sebastian Mayer (Leitung), Frau Brigitte Fritschi (Leitung Stv), Dr. med. Jürg Bärtschi, Herr Urs Graber, Dr. med. Andrej Isaak, Dr. med. André Kind, Dr. med. Peter Sandera, Dr. med. Martin Walliser, PD Dr. med. Edward Wight und Dr. med. Toni Lukes. PD Dr. med. Edward Wight gab anlässlich der letzten Geschäftsleitungssitzung seinen Austritt aus der Geschäftsleitung per Ende 2022 bekannt, bleibt der SST glücklicherweise noch als Mitglied erhalten. Auch an dieser Stelle sei PD Dr. med. Edward Wight herzlichst für seine langjährige und wertvolle Mitarbeit in der Geschäftsleitung gedankt!

Seit Juni 2021 können wir einen Lagerraum in Rothrist zu sehr entgegenkommenden Konditionen bei mieten. Dieser Raum dient uns zur Selektion und Zwischenlagerung von Material, das dann zu unseren Einsatzgebieten Transportiert werden kann.


Aussichten 2023

  • Alle Projekte werden, soweit möglich, auch im 2023 weitergeführt.
  • Unter der Vermittlung von Ralph Schmid konnte ein Projekt zusammen mit der Zürcher Hochschule der Künste lanciert werden, bei dem ein Team aus Filmstudierenden im Frühling unsere Teams in Tajikistan begleiten soll, um unsere Arbeit vor Ort zu dokumentieren.
  • In Tansania wird vorläufig nur das Projekt Frauenheilkunde und Geburtshilfe weitergeführt.
    Das chirurgische Projekt wurde sistiert.
  • Im Südpazifik wird das Projekt mit mehr SST-Teammitgliedern ausgeweitet.
  • 2023 erfolgen 3-4 wöchige Einsätze bei den zwei PIOA (Pacific Islands Orthopedic Association)-Programmteilnehmern in Timor-Leste.

Projekte 2022

Leider mussten wegen der Sars-COV-2-Pandemie wieder Einsätze und Projekte im ersten Halbjahr abgesagt werden. Lediglich ein Einsatz in Tabora/Tansania konnte vom 23.04.-07.05.2022 durchgeführt werden. Der bereits 2020 und 2021 etablierte intensive Kontakt konnte in jenen Orten, wo kein physischer Einsatz möglich war, aufrechterhalten und weiter gepflegt werden, u.a. durch regelmässige ZOOM-Meetings und -Weiterbildungen.

Unterstützung Ukraine (Andre Isaak)

Der Ausbruch des verheerenden Krieges in der Ukraine im Februar dieses Jahres führte dazu, dass unter der Leitung von Andre Isaak im Sommer, mit unserer finanziellen Unterstützung, ein grosser Materialtransport mit lebensnotwendigem Notfallequipment direkt an die ukrainische Front organisiert werden konnte.

Projekt Tajikistan (Jürg Bärtschi, Projektleiter Tajikistan)

Nach dem durch Corona bedingten Unterbruch konnte nach zweieinhalb Jahren endlich wieder ein Einsatz vom 23.10.-05.11.2022 durchgeführt werden. Für die Tadschiken war es eine schwere Zeit. Viele unserer Kontaktpersonen erzählten von schweren Erkrankungen und Todesfällen in ihrer nächsten Umgebung. Die Impfquote ist angeblich recht hoch und die schwere Welle im Sommer 2021 hat zu einer guten Immunisierung der mehrheitlich jungen Bevölkerung geführt. Zum Zeitpunkt des Einsatzes gab es keine Coronamassnahmen mehr im Land. Bedenklich stimmten die Aussagen von verschiedenen tadschikischen Ärzten, dass die Korruption während der Pandemie stark zugenommen hat. Bezüglich der Sicherheitslage konnten wir in Dushanbe und auch in Qabodiyon keine Änderungen gegenüber den letzten Einsätzen feststellen. Anders sieht die Situation im Pamir aus, wo es im Frühjahr zu schweren Unruhen gekommen ist. Wir haben deshalb dieses Jahr keinen Einsatz durchgeführt und es scheint zumindest für die nähere Zukunft auch nicht vertretbar, ein Team in diese Region zu schicken.

Gafur Muhsinzoda, welcher seit Beginn des Projekts unsere Kontaktperson ist, wurde während der Sars-COV-2-Pandemie in die Position des First Deputy of Minister of Health and Social Protection eingesetzt. Sein damit erhöhter Einfluss ist sicher förderlich für unser Projekt, dem er nach wie vor sehr positiv gegenübersteht. Ein Meilenstein war die Unterzeichnung eines neuen Kooperationsvertrags mit dem neuen Gesundheitsminister bis Ende 2025. Damit wurde der Grundstein für die weiteren Arbeiten in den nächsten Jahren gelegt. Vertieft wurde die Zusammenarbeit mit Muazamma Djamalova, welche nach Beendigung ihrer Tätigkeit beim DEZA für die SST arbeitet. Ihre Erfahrung und ihr grosses Engagement haben eine sehr positive Wirkung auf unsere verschiedenen Tätigkeiten im Land.

Mitte September verliess ein LKW mit mehreren Tonnen Material, quasi als Vorhut die Schweiz und kam, nach einigen Ausweichrouten, sicher am 13.09. in Dushanbe an.

Das Ziel des diesjährigen Einsatzes war, in allen Teilprojekten einen Überblick über die aktuelle Situation zu erhalten, um mit diesen Erkenntnissen die weiteren Einsätze zu definieren. Aufgrund von Absagen von Teammitgliedern konnte in der Viszeralchirurgie in Oncological Center kein Einsatz und in der Neurochirurgie im Karabolo nur ein Teileinsatz in der OP-Pflege durchgeführt werden. Grundsätzlich waren wir in allen Teilprojekten aber positiv überrascht über den Stand nach unserer langen Abwesenheit. Es waren in den meisten Bereichen noch die Personen vor Ort tätig, welche wir bereits kennen.

Projekt Tansania (André Kind, Projektleiter Tansania)

In Tansania konnten dieses Jahr 2 Einsätze durchgeführt werden. Ein erster erfolgte vom 23.04.-07.05.2022 in Tabora und ein zweiter vom 15.10.-26.10.2022 in Ifkara.

Seit 2015 unterstützten die SST das Kitete Regional Referral Hospital in Tabora, Tansania. In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt hin zur reinen Ausbildung bzw. Fortbildung verlagert. Hierbei sind dies v.a. geburtshilfliche Simulationskurse, um die hohe Rate an Geburtskomplikationen zu senken. Bereits zum 11. Mal erfolgten diese geburtshilfliche Simulationstrainings. Insgesamt wurden 2 jeweils viertägige Simulationskurse mit insgesamt 70 Teilnehmenden (Hebammen und ÄrztInnen) durchgeführt. Themen waren prä- und postpartale Blutungen, Eklampsie, Sepsis, Schulterdystokie, schwierige Kindsentwicklung bei Sectio und Vacuumextraktion. Das Team wurde auf dem Heimweg von zwei Hebammen aus Tabora begleitet, welche im Anschluss ein sechswöchiges Praktikum in der Geburtshilfe und Neonatologie am Universitätsspital Basel absolvierten.

In Ifakara konzentrierte sich der Einsatz auf die Vorsorge bei Gebärmutterhalskrebs. Seit drei Jahren führt das SST dazu Kurse für Kolposkopie und Gebärmutterhals-krebsscreening durch. Dieses Mal waren 30 Teilnehmer aus dem Gesundheitssektor beim 7-tägigen Kurs dabei, der zum ersten Mal nicht nur einen theoretischen, sondern auch einen praktischen Teil beinhaltete.

Teilnehmende waren Ärztinnen, Ärzte und Pflegende, die für das Cervical Cancer Screening Programm (Ce-CaP) ausgebildet werden und in diesem Bereich arbeiten. Nach einem eintägigen Theorietag beinhalteten die folgenden drei Tage einen Theorieteil am Vormittag und einen praktischen Teil im St.Francis Referral Hospital in Ifakara. An den letzten drei Tagen des Kurses erfolgte in umliegenden Dörfern ein Screeening und Therapie vor Ort. Vor allem dank dieses Kursanteiles und der Leitung des Kurses durch die Chefärztin der Frauenklinik des St. Francis Refferal Hospital Ifakara (SFRH) Sister Dr. Nathalia Makunja wurde der Kurs vom Gesundheitsministerium in Tansania akkreditiert, und zwar mit dem Maximum an möglichen Punkten. Diese 20 Punkte entsprechen einem Jahressoll für die Fortbildung in Tansania für Ärztinnen und Ärzte. Dieser vom SST angebotene Kurs ist damit auch der erste vom tansanischen Gesundheitsministerium akkreditierte Kolposkopiekurs in Tansania überhaupt.

Die Kombination der Fort- und Ausbildung der Teilnehmenden, der unmittelbaren Behandlung gefährdeter Patientinnen direkt vor Ort führte zur optimalen Versorgung der Frauen und es war auch für das SST eine sehr befriedigende Arbeit.

Projekt Südpazifik (Martin Walliser, Projektleiter Südpazifik)

Aufgrund der Sars-COV-2-Pandemie waren die Reisemöglichkeiten in den Südpazifik bis in den Sommer 2022 stark eingeschränkt. Die schon im Jahr 2021 eingeführte Teaching Tätigkeit über ZOOM wurde weitergeführt. Dies sind wöchentliche, ein- bis zweistündige Veranstaltungen mit Wake Up Sessions, Fallbesprechungen und theoretischen Lektionen, welche jeweils am Sonntag morgen stattfinden. Trotz erneuter Durchführung von Ausbildungsmodulen werden diese ZOOM-Meetings auch jetzt noch weitergeführt und werden ein fester Bestandteil der Ausbildungstätigkeit bleiben. Das Tutoren System, das ebenfalls seit 2021 ein fester Bestandteil der PIOA (Pacific Islands Orthopedic Association)-Ausbildung ist, wird im gleichen Rahmen weitergeführt (jeder Programmteilnehmer hat einen Tutor aus der Gruppe der Instruktoren, mit welchem er Fälle und Probleme besprechen kann). Da die Covid-Situation auch im Südpazifik erträglich wurde, konnte im September ein zweiwöchiges Ausbildungsmodul in Suva (Fiji) durchgeführt werden (Spine / Hip Surgery). Die für Oktober-November 2022 geplante Supervisory Visit musste leider kurzfristig und aufgrund von organisatorischen Problemen in Honiara, Solomon Islands, abgesagt werden. Es wurde versucht einen Einsatz in Timor-Leste durchzuführen, dies war aber aufgrund der kurzfristigen Organisation schlussendlich nicht möglich.

 

Inmitten von Pandemie, Kriegsgeschehen und gewaltsamen Auseinandersetzungen waren dieses Jahr trotzdem sehr erfolgreiche Einsätze durch die SST möglich.

Danke!